Gasthaus Krone
Wenn früher das Abbild einer Krone ...
... das Schild eines Hauses zierte, war sofort klar:
Hier wohnt und arbeitet der „Fauth“ (Vogt) als Vertreter des Landesherrn. Sorgfältig wurde der „Fauth“ ausgewählt. Er musste vertrauenswürdig sein, denn er verwaltete die Finanzen. Weil er auch Steuern und Schulden eintrieb, wurde er häufig „Schultheiß“ genannt. Er musste loyal sein, denn er bekam das Amt auf Lebenszeit.
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) übertrugen der Landgraf von Hessen-Darmstadt und seine Landadeligen einem Ortsfremden dieses Amt. Die evangelische Familie Wenzel hatte das katholische Prag verlassen. In Raibach wurde „Wentzell“ zum Centschultheiß. Der Centhof, vielleicht das älteste erhaltene Gebäude Raibachs, trägt im Brandkataster von 1802 die Nummer 8 ¾ (heute Unterdorf 17).
1806 machte Kaiser Napoleon I. den Landgrafen von Hessen-Darmstadt zum Großherzog. Seine französischen Offiziere logierten in der „Krone“, was die Gemeinde bezahlte. Dann wurden 1821 die Centen als Verwaltungseinheiten und das Amt des Centschultheißen abgeschafft. Jetzt wählten die Bürger ihren „Bürgermeister“ selbst. Die hießen in Raibach dann Fischer, Hartmann oder Wolff, aber nie mehr Wenzel.
Johann Philipp Wenzel II. (*1797), „Schultheißen Sohn“, wurde Gastwirt. Das Haus „Zur Krone“ entwickelte sich nach und nach zum gesellschaftlichen Mittelpunkt des Dorfes. Es wurde zum Stammlokal aller Ortsvereine, ab 1841 zum Sitzungsort des Gemeinderats. Im ersten Stock lag der große Saal für Feiern, Bälle und Faschingssitzungen. Eine Bühne bot Platz für den Chor, für ein Orchester oder für spektakuläre Theateraufführungen (Bild li.).
Später kam noch eine Kegelbahn hinzu. Nur der Bau einer Schießbahn hinten am Hang wurde nicht genehmigt, da „hier ein Pilgerpfad vorbeiführt“.
In den sechziger Jahren verkaufte Philipp Wenzel XI. (1899-1982) die „Krone“. Sein einziges Kind, Katharina Wenzel, hatte den Landwirt Georg Münch geheiratet. Die Käufer führten zunächst den Gasthof weiter. Die ersten „Gastarbeiter“, die in Raibach Quartier bezogen, waren fast lauter alleinstehende, junge Männer, zuerst Spanier, dann Italiener, zuletzt Portugiesen. Abends kamen sie zum Essen in die „Krone“. Täglich soll die Wirtsfrau an die vierzig warme Essen gekocht haben. Nichts aber war für die jungen Männer wichtiger als Geselligkeit. Heute ist nur der vordere Teil des geschichtsträchtigen, ehemaligen Centhofs als Wohnhaus erhalten.