Flutgraben
In einem Tal fließt der Bach ...
... den Naturgesetzen folgend ...
immer an der tiefsten Stelle des Bachgrundes. Deshalb baute man auch in „Rippach“ die Häuser in sicherer Entfernung vom Bachgrund und weiter oben an den steilen Südhang. Von dort konnte man aber dem Wasser von Dächern, Rinnen und Wegen nicht einfach freien Lauf in Richtung „Flüßebach“ lassen, vor allem nicht bei Starkregen. Bereits im Mittelalter wurde deshalb ein „Flutgraben“ gebaut. Der führte das Wasser weit außerhalb des Dorfes dem Dorfbach zu. Schon in den ältesten Karten ist der Flutgraben eingezeichnet.
In seinem Oberlauf im Boden versteckt, im Mittellauf gedeckelt und im Unterlauf offen fließend, war der Flutgraben zu seiner Zeit eine ingenieurstechnische Meisterleistung. Über die ganze Strecke bestand ein Gefälle von etwa
3 %, so dass das Wasser gleichmäßig, aber nicht zu heftig floss.
Jedes Frühjahr inspizierte das „Viergericht“, das aus Centschultheiß und drei gewählten, ehrenamtlich tätigen Ortsrichtern be-stand, „die Bäch und die Flutgräben“. Danach ließen sich die Herren des „Viergerichts“ (Abb. li.) in der „Krone“ bewirten. Alle Kosten wurden im Rechnungsbuch der Gemeinde unter „jährlich wiederkehrende Diäten“ ordnungsgemäß verbucht.
Ab dem 18. Jahrhundert wurden direkt am alten Flutgraben mehrere Seifensiedereien und Schlachthäuser gebaut. So konnten die Seifensieder ihre Laugenreste und die Metzger Tierblut und Schlachtwasser einleiten. Der Graben, der früher nur Regenwasser führte, wurde von der Bevölkerung nun „Blutgraben“ genannt.
Im 20. Jahrhundert wurden dann sogar Toiletten zum Flutgraben hin „entwässert“. Er wurde zum stinkenden Abwasserkanal. Man hört und riecht ihn – immer noch. Heute mündet der Flutgraben in der Nähe der alten Schule tief unter der Erde in den Hauptabwasserkanal des Dorfes und schon lange nicht mehr in den Bach. Professionell überwacht und gegebenenfalls saniert wird er dabei von den Stadtwerken Groß-Umstadt.